Koblenz Postkolonial – Verortung kolonialer Vergangenheit in Koblenz und Umgebung
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Die Stadt Koblenz besitzt einen Namensvetter in Namibia: Coblenz. Der heute circa 2500 Einwohner*innen zählende Ort liegt in der Kalahari, etwa 60 Kilometer von Grootfontein entfernt. Ein genaueres Gründungsdatum von Coblenz in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika ist nicht bekannt, erwähnt wird es 1902 zum ersten Mal. Die Namenswahl des Ortes geht auf das hiesige Koblenz zurück: dort, wo das namibische Coblenz liegt, vereinen sich die Trockenflüsse Omatako und Omambonde. Dies erinnerte die deutschen Kolonialsoldaten an das deutsche Eck, an dem die Mosel in den Rhein fließt. Deswegen benannten sie den Ort nach Koblenz, damals noch in der alten Schreibweise mit C beginnend.
Coblenz verfügt über eine Klink, eine Polizeistation, Metzgerei, Gesamtschule, Kindergarten und mehrere Läden, darunter auch lokale Bäckereien. Die Kirche des Ortes wurde 1994, nach der Unabhängigkeit Namibias, mit Spenden aus Sieg am Rhein erbaut. Am 11.07.2017 berichtete die Rhein-Zeitung über das Interesse der Gesamtschule an Informationsmaterial über das deutsche Koblenz und einem generellen Austausch.
Quellen: 1, 2
EINE VERORTUNG KOLONIALER
VERGANGENHEIT IN KOBLENZ UND UMGEBUNG
Koblenz Postkolonial
- eine Einleitung
Der Kolonialismus war in der Bundesrepublik bis in die späten 1960er Jahre ein bloß wenig kritisch betrachtetes Kapitel der deutschen Geschichte. Erst Ende der 1960er Jahre begann eine kritische Ausein-andersetzung mit dem Kolonialismus und ein Erfassen der globalen Auswirkungen des kolonialen Projekts auf die kolonisierten Länder wie auch auf die europäischen Kolonialstaaten. Die deutsche Beteiligung am kolonialen Projekt wurde im öffentlichen Diskurs lange Zeit unter Rekurs auf die vermeintlich kurze Dauer von 30 Jahren heruntergespielt. Die gewaltsame Kolonialpolitik Deutschlands wurde dadurch unter-schlagen, da den formellen Besitzungen bereits Siedlungen vorausgingen und Deutschland während der Beteiligung die viertgrößte europäische Kolonialmacht war. Entsprechend wenig wurde kritische Erinnerungsarbeit geleistet. Dabei sind die Manifestationen des Kolonialismus, wie Rassismen und Ressentiments, immer noch präsent und eng mit Deutschland, den Städten und deren Geschichten sowie den Architekturen, Straßennamen und den Menschen vor Ort verbunden.
Auch Koblenz hat einen kolonialgeschichtlichen Hintergrund. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Hintergrund hat sich der Verein „Koblenz Postkolonial e.V.“ zur Aufgabe gemacht, eine Initiative, die aus Lehrveranstaltungen an der Universität Koblenz-Landau erwachsen ist. Damit reiht sich Koblenz in bundesweite Stadtinitiativen ein, die sich einer kritischen Aufarbeitung des kolonialen Projekts in der eigenen Stadt widmen.
Das Ziel besteht darin, kritische Erinnerungsarbeit zu leisten, auf die kolonialen Spuren aufmerksam zu machen und ein Verständnis für Kolonia-lismus als Form der Landnahme, Fremdherrschaft und Ausbeutung, aber auch für dadurch entstandene und heute noch spürbare Ressentiments oder Rassismen, zu fördern.
Diese Seite heißt „Koblenz postkolonial“, da sie sich sowohl der Aufarbeitung der deutschen Beteiligung am kolonialen Projekt als auch des Kolonialismus in Koblenz widmet. Postkoloniale Ansätze bestreben eine kritische Auseinandersetzung mit historischen und gegenwärtigen Machtverhältnissen des europäischen Kolonialismus und dessen Fortschreibungen. Vier Anliegen postkolonialer Theorien sind im Zu-sammenhang von „Koblenz postkolonial“ zentral: Die Auseinandersetzung mit dem Fremd- und Selbstverständnis, mit Machtrelationen, Ungleichheit und Ausbeutung, der Kolonisierung als gewaltsamem Prozess und den Nachwirkungen und Spätfolgen des Kolonialismus.
Auch wenn koloniale Relikte in Koblenz nur bedingt präsent sind, prägen sie dennoch das Stadtbild mit. In Koblenz hatte u.a. das Anti-Sklaverei-Komitee den Hauptsitz, das sich zwar offiziell gegen die Sklaverei einsetze, aber Gelder in koloniale Projekte investierte. Zudem befinden sich in Koblenz beispielsweise einige koloniale Straßen-namen und eine auf den Kolonialismus zurückzuführende gleichnamige Stadt in Namibia. Dadurch birgt auch die Stadt Koblenz vielfältiges Material und großes Potenzial für die wichtige Aufgabe der kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Beteiligung am kolonialen Projekt und Aufarbeitung derselben.
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